Sensomotrische Amnesie Teil 1

13.Apr..25

Rückenschmerzen, Nackenverspannungen & Co.

– was dein Körper vielleicht schon vergessen hat

Sensomotorische Amnesie verstehen (Teil 1)

Viele meiner Patient:innen kommen mit Beschwerden, die auf den ersten Blick ganz unterschiedlich wirken: Rückenschmerzen, Nackenverspannungen, Knieschmerzen, Beckenschiefstand, manchmal sogar Kieferprobleme oder chronische Kopfschmerzen. Was sie oft gemeinsam haben: Sie sind Ausdruck eines Körpers, der verlernt hat, wie er sich ursprünglich einmal bewegen konnte.

Sensomotorische Amnesie - mein Aha-Moment

Vor kurzem hat mir eine Kollegin den Begriff sensomotorische Amnesie genannt. Und je länger ich darüber nachdachte, desto mehr wurde mir klar: Genau dieses Phänomen beobachte ich täglich in meiner Praxis. Nur hatte ich bisher keinen Begriff, der es so präzise auf den Punkt bringt. In diesem Artikel möchte ich dir zeigen, was hinter diesem sperrig klingenden Begriff steckt – und warum er dir helfen kann, deine Beschwerden besser zu verstehen.

Was bedeutet sensomotorische Amnesie eigentlich?

Der Begriff setzt sich aus zwei Teilen zusammen: „sensorisch“ steht für das, was der Körper aus seiner Umgebung wahrnimmt – etwa Bewegung, Druck oder Stellung der Gelenke. „Motorisch“ beschreibt die Ausführung von Bewegung. Bei einer sensomotorischen Amnesie bekommt das Gehirn nicht mehr die richtigen Informationen aus dem Körper, um präzise Bewegungen zu steuern.

Das Nervensystem arbeitet dann wie ein Navi, das falsche GPS-Daten empfängt. Du bekommst eine Route angezeigt, die nicht zur Straßenkarte deines Körpers passt. Die Folge: dein Körper orientiert sich an veralteten oder verzerrten Informationen. Bewegungen werden ineffizient, ungenau oder sogar schmerzhaft.

Es beginnt beim Input: Wenn dein Gehirn nicht mehr weiß, wie dein Körper steht, kann es keine sinnvolle Bewegung organisieren.

Rückenschmerzen und Nackenverspannugen, Sensomotorische Amnesie

Wie sich das im Alltag zeigt

Viele Menschen entwickeln mit der Zeit automatisierte Bewegungsmuster. Sie stehen immer auf demselben Bein, ziehen unbewusst die Schultern hoch oder lassen das Becken zur Seite absinken. Diese Haltungen fühlen sich „normal“ an, weil der Körper sie über Jahre trainiert hat. Sie laufen wie ein Autopilot im Hintergrund – und genau das ist das Problem.

Was wir täglich wiederholen, fühlt sich irgendwann vertraut an – auch wenn es biomechanisch betrachtet ungünstig ist. Der Körper reagiert mit Ausgleichsbewegungen, Spannungen und Überlastung.

Wo ich den roten Faden oft finde

Zu Beginn jeder Behandlung mache ich ein ausführliches Bodyreading. Ich schaue, wo sich Spannungen aufbauen, wie die Statik organisiert ist und was mir der Körper zwischen den Beschwerden erzählt. Sehr oft führt mich die Spur zum Becken. Von dort aus können sich Spannungen in beide Richtungen ausbreiten – zu den Füßen oder zum Kopf.

Ein Muster, das ich dabei häufig sehe, ist das sogenannte Trendelenburg-Zeichen – das Becken sinkt einseitig ab, sowohl im Stand als auch in der Bewegung. Man könnte sagen: Der Körper hängt buchstäblich in seinen Seilen. Und das hat Folgen: Die Kette aus Ungleichgewichten reicht oft bis zur Schulter, zum Kiefer oder zum Fuß.

Was viele nicht wissen: Das Gehirn braucht Bewegung, um sich zu orientieren

Das Gehirn ist keine alleinstehende Steuerzentrale. Es braucht klare Informationen aus dem Körper, um gute Entscheidungen treffen zu können. Wenn die Sensorik gedämpft oder verzerrt ist, kann auch der motorische Befehl nicht sinnvoll umgesetzt werden.

Die Folge: Bewegungen sind vielleicht kräftig, aber nicht mehr effizient. Oder sie laufen dauerhaft unter Spannung. Oder sie fehlen ganz. In allen Fällen ist die Informationsverarbeitung gestört. Genau das beschreibt der Begriff sensomotorische Amnesie.

Und das erklärt auch, warum sich scheinbar so unterschiedliche Beschwerden wie chronische Nackenschmerzen, Kopfschmerzen, Knieschmerzen oder Fußbeschwerden oft aus demselben Muster entwickeln: 

Der Körper hat verlernt, wie er sich gesund bewegt.

Im zweiten Teil dieser Serie schauen wir uns an, wie es überhaupt dazu kommt. Warum vergisst der Körper seine ursprünglichen Bewegungen? Welche Rolle spielen Bewegungsmangel, Stress, Traumata oder die moderne Arbeitswelt? Und was kannst du tun, um die Verbindung zwischen Wahrnehmung und Bewegung wieder zu verbessern?

Teil 2 folgt in Kürze:

Warum das Gehirn ohne gute Rückmeldung nicht mehr sinnvoll steuern kann – und wie sich schleichende Muster in deinen Alltag einschleichen.

Don’t Wait Any Longer. Start Forging Your Own Path Today!