Bandscheibenvorfall
Bandscheiben im Stress: Warum dein Rücken auf Haltung reagiert
„Einmal kaputt – immer kaputt?“
Letztlich hatte ich einen dieser Fälle in der Praxis, die mich selbst kurz innehalten lassen. Ein sportlicher Mann Anfang 40, muskulär in Topform, mitten im Leben – ein Mensch, bei dem man erstmal nicht an chronische Rückenprobleme denkt. Und doch sitzt er da und erzählt: Vor zwei Jahren hatte er einen Bandscheibenvorfall in der Lendenwirbelsäule. Seitdem kommt und geht der Schmerz. Besonders dann, wenn er viel sitzt.
Was mir in dem Moment rausrutschte, war ein Satz, der erstmal wie ein Keulenschlag für ihn anfühlte:
„Wenn die Bandscheibe einmal kaputt ist, dann ist sie immer kaputt.“
Sein Blick? Entsetzt. Verständlich.
Denn ja – dieser Satz stimmt so natürlich nicht. Eine geschädigte Bandscheibe kann sich sehr wohl wieder regenerieren. Aber – und hier liegt der Knackpunkt – dafür müssen bestimmte Bedingungen erfüllt sein. Über genau diese Bedingungen will ich heute schreiben.
Bandscheibe und Bewegung: Wie die 3D-Feder funktioniert
Eine Bandscheibe ist eine dreidimensionale Hightech-Feder, die im Innern wie ein Schwamm mit Wasser gefüllt ist. Sie fängt Stöße ab, verteilt Belastungen und sorgt dafür, dass wir beim Springen, Heben oder auch nur beim Atmen nicht ständig unter Druck zusammenklappen. Die Natur hat da ein echtes Meisterwerk gebaut.
Stell dir diesen Schwamm zwischen zwei Holzplatten vor. Wenn du lange sitzt, drückt dein Körper konstant auf diese Struktur. Der Schwamm wird flacher, verliert Flüssigkeit und damit auch auf Dauer seine elastischen Eigenschaften.
„Wenn ich gehe, wird’s besser.“
Diesen Satz höre ich in der Praxis immer wieder. Er beschreibt genau das Prinzip, das der Körper braucht: Bandscheiben werden im innern nicht durchblutet. Gehbewegungen bringen den Körper leicht zum Schwingen. Diese natürliche Auf- und Abbewegung erzeugt einen Wechsel aus Druck und Entlastung in der Bandscheibe. Genau dieser Rhythmus sorgt dafür, dass sich die Bandscheibe wie ein Schwamm mit Flüssigkeit füllt. Nährstoffe strömen rein, Abfallstoffe raus – und das hält sie gesund.
Aber: Wenn deine Haltung aus dem Lot geraten ist – zum Beispiel durch ein Hohlkreuz oder ein einseitig absinkendes Becken beim Gehen – dann ist der Druck auf die Bandscheibe nicht mehr gleichmäßig. Belastungsspitzen entstehen – wie bei einem Fahrradreifen mit zu wenig Luftdruck: Der Reifen rollt zwar noch, aber jede Bodenwelle trifft ihn härter. Mit der Zeit reagiert der Körper auf solche Dauerbelastungen mit Verschleiß.
Haltungsanalyse bei Rückenschmerzen
Bei meinem Patienten fiel mir direkt etwas auf: ein deutliches Hohlkreuz – also eine übermäßige Krümmung in der Lendenwirbelsäule – und beim Gehen ein Absinken des Beckens zur Spielbeinseite. Zwei Muster, die ich häufig sehe. Beide können dazu führen, dass die Kraftübertragung im Körper nicht gleichmäßig verläuft.
Die Wirbelsäule funktioniert im Idealfall wie eine gut gespannte Hängebrücke zwischen Kopf und Becken: Zug, Druck und Federung wechseln sich in einem ausgeklügelten Rhythmus ab.
Kommt es aber zu dauerhaften Belastungsspitzen, entsteht Reibung – immer wieder an den gleichen Stellen. Und das schwächste Glied der Kette? Meist die Bandscheibe.
Sitzen = Dauerbelastung für Bandscheiben
Viele meiner Patienten sagen: „Wenn ich länger sitze fängt der Schmerz an. Dann muss ich aufstehen und gehen.“
Und ja – das ist logisch. Beim Sitzen wird die Bandscheibe dauerhaft gestaucht. Ohne Bewegung, ohne Druckwechsel, ohne Nährstoffversorgung. Sie schrumpft, verliert an Elastizität – wie ein alter Schwamm, der zu lange im Waschbecken liegt.
Hinzu kommt: Unser Bedürfnis nach Bequemlichkeit. Wir lehnen uns zurück, rutschen zusammen, bevorzugen einseitige Positionen. Kurzfristig angenehm – langfristig biomechanisch eine Katastrophe für die Wirbelsäule.
Risikofaktoren für Bandscheiben
Aus meiner Erfahrung – und gestützt durch viele Fortbildungen – lassen sich einige Risikofaktoren immer wieder beobachten:
Alter:
Mit den Jahren verliert das Gewebe an Elastizität. Trotzdem können auch junge Menschen betroffen sein.
Körpergröße & Gewicht:
Je größer und schwerer, desto höher der Druck – simple Physik.
Haltungsabweichungen:
Ein Hohlkreuz, Rundrücken, Flachrücken oder eine Skoliose können dazu führen, dass die Belastung nicht gleichmäßig weitergegeben wird.
Bewegungsmangel und Überlastung:
Sowohl zu wenig Bewegung als auch einseitige oder übermäßige Belastungen nehmen der Bandscheibe die Möglichkeit, sich anzupassen, zu regenerieren und elastisch zu bleiben.
Einseitige Muster:
Immer gleiche Sitzpositionen, Tragen auf einer Seite, gekippte Hüften – scheinbar harmlos, aber auf Dauer belastend.
Fehlende Regeneration:
Erholsamer Schlaf ist essenziell – in der Nacht tankt die Bandscheibe auf.
Bandscheibenbeschwerden - mein integrativer Ansatz
Mein Ziel ist es, die blinden Flecken im Bewegungsalltag sichtbar zu machen. Ich beobachte Haltung, Gangbild, Bewegungsfluss – ich nenne das Bodyreading. Dabei frage ich mich: Wo stockt die Bewegung? Wo staut sich der Druck?
In der Behandlung geht es darum, diese Belastungen zu verteilen und den Körper wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Manchmal bedeutet das, neue Bewegungsabläufe zu lernen. Manchmal heißt es: alte Muster zu entknoten. Oft ist es beides.
Ich zeige dir, worauf du im Alltag achten kannst – wie du gehst, sitzt, stehst. Und wie du beginnst, deinen Körper als System zu verstehen. Schritt für Schritt wirst du zum Experten für dein eigenes Bewegungssystem.
Mein Fazit: Bewegung schützt die Bandscheibe
Ein Bandscheibenvorfall ist kein Ende. Er ist ein Warnsignal – dein Körper meldet: „So geht’s nicht weiter.“
Die gute Nachricht: Du kannst etwas verändern.
Wenn du Rückenschmerzen hast oder merkst, dass dein Körper im Sitzen rebelliert, lohnt sich ein genauer Blick. Denn je früher man die Muster erkennt, desto besser lassen sie sich verändern.
Ich unterstütze dich gern dabei. Buche dir einen Termin in meiner Praxis – gemeinsam finden wir heraus, was deine Wirbelsäule wieder ins Lot bringt.